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Baudaten

Frühstaufische Emporenbasilika mit östlichen Querarmen und zwei-geschossigem Westbau mit Turm aus dem 2.Viertel des 12.Jahrhunderts; gotischer Langchor des späten 13.Jahrhunderts.

 

Lage: Die Kirche steht auf einem spätantiken Gräberfeld an der nördlichen Ausfallstraße der Römerstadt.

Historische Zeugnisse und Legenden:

Seit dem späten 4.Jahrhundert gibt es mehrere aufeinanderfolgende Kultbauten an dieser Stelle. Als ältestes Gebäude entstand zunächst ein dreischiffiger Memorialbau mit Apsis in Breite des Mittelschiffs, der um 400 auf Initiative des römischen Senators Clematius erweitert worden sein soll (vgl. die an der Südwand im Innern des Chores angebrachte vermutlich spätantike Inschrift).Dieser Memorialbau war einer Gruppe spätrömischer Märtyrerinnen geweiht, deren tradierte Zahl von zunächst 11 durch ständiges Aufdecken weiterer Bestattungen auf dem Kirchenareal auf 11000 wuchs. Die 11 bzw. 11000 Jungfrauen erhielten im Laufe der Legendenbildung Namen. Als ihre Anführerein galt die britische Königstochter Ursula, die im Laufe der Zeit zur Patronatsheiligen der Kirche aufstieg.

Der Hochaltar der spätantiken Kirche befand sich an der Stelle des späteren Kreuzaltars am östlichen Ende des Mittelschiffs.

 

866

Erwähnung eines den Heiligen Jungfrauen geweihten Kanonikerstifts in einem erzbischöflichen Güterverzeichnis. Mit Einrichtung des Stifts wahrscheinlich Ausbau der Kirche zu einer Pfeiler- oder Säulenbasilika mit querschiffartiger Erweiterung nach Westen.

 

881/882

Während des Normanneneinfalls wird die vor der Stadtmauer liegende Kirche zumindest beschädigt.

 

922

Erzbischof Hermann I. (reg. 889-924) richtet, nachdem er die Kirche wiederhergestellt hat, dort ein adliges Damenstift ein, das er mit Stiftsdamen aus Gerresheim besetzt. Während des Hochmittelalters bestand der Konvent aus bis zu 40 adligen Kanonissen plus Laienschwestern.

Die Einrichtung des Stifts könnte Anlass für eine umfangreiche Baumaßnahme im östlichen Teil der Kirche gewesen sein. Die Einfügung eines T-förmigen Einbaus mit 11 (Bezug auf die 11/11000 Jungfrauen ?) Reliquiengräbern belegt die besondere Bedeutung des Märtyrerkults an der Kirche in jener Zeit.

927

Erzbischof Wichfried (reg. 924-953) schenkt dem Stift die südlich davon gelegene Pfarrkirche St.Maria Ablaß.

 

1106

Durch die Einbeziehung des Vorortes Niederich in die Stadtbefestigung liegt seither auch der Stiftsbezirk von St.Ursula innerhalb der Mauern. Während der Ausschachtungsarbeiten werden weitere Gräber entdeckt. Im Lauf des Mittelalters gibt es mehrere Grabungskampagnen zur Bergung von Reliquien, so 1121 durch den hl. Norbert von Xanten und 1145-1164 durch die Mönche der Abtei Deutz.

 

2. Viertel des 12. Jahrhunderts

Neubau der heutigen Kirche auch auf Grund der zahlreichen Reliquienerhebungen.

Eine Altarweihe im Westbau durch Erzbischof Bruno II. (reg. 1135-1137) ist für 1135 überliefert. Es entsteht eine 3-schiffige, 6-achsige Pfeilerbasilika mit kurzen Querarmen, Langchor und zweigeschossigem, durch einen Turm überhöhten Westbau.

 

Im Langhaus trennen einfache Scheidarkaden auf längsrechteckigen Pfeilern das flachgedeckte Mittelschiff von den kreuzgratgewölbten Seitenschiffen. Darüber liegen flachgedeckte (oder mit offenem Dachstuhl versehene) Emporen. Sie sind in Drillingsarkaden unter übergreifenden Blendbögen zum Mittelschiff geöffnet. Über den Arkadenpfeilern setzen schmale Lisenen an, die über den Emporen mit Kämpfergesims schließen. Darüber folgen schlanke, zwischen den einfachen Rundbogenfenstern des Obergadens stehende Halbsäulen, die einen Rundbogenfries unter der Flachdecke aufnehmen.

Die Langhausemporen setzten sich ursprünglich im Bereich der annexartigen Querarme fort. Damit lief auch die Gliederung des Aufrisses in Arkaden- und Emporenöffnungen bis zum Chor durch. Heute sind die Querarme in großen Bögen zum Mittelschiff geöffnet.

Unter dem Kreuzaltar vor dem Chor befand sich eine gewölbte Reliquienkammer.

Außen überzieht eine zweigeschossige Gliederung aus Lisenen und Rundbogenfriesen die Mauern von Seitenschiffen und Querarmen. Einfache Rundbogenfenster belichten die Emporen. Die nur im

Nordseitenschiff erhaltenen Siebenpassfenster gehören bereits zu Veränderungen des 13.Jahrhunderts.

Den Obergaden gliedert eine rhythmisierte Folge von Blendbögen auf Halbsäulen seitlich der Fenster und auf Pilastern, welche die inneren Jochgrenzen markieren.

 

Der romanische Langchor (ohne Krypta) hatte etwa die Ausmaße des gotischen Nachfolgers und endete in einer halbrunden Apsis. Das Sanktuarium der Stauferzeit war durch eine Schranke unter dem Chorbogen vom Langhaus abgetrennt.

Die Reihe von bemalten Schieferplatten (heute auf der Damenempore) stammt wahrscheinlich von dieser Schrankenanlage.

 

Der zweigeschossige Westquerbau trägt einen mächtigen Turmaufsatz über dem Mittelteil. Eine kreuzgewölbte Vorhalle im Erdgeschoss ist in der Mitte in zwei Arkaden zum Mittelschiff geöffnet. Von den Seitenräumen diente der nördliche als Sakristei.

Das Obergeschoss des Westbaus fungierte als Nonnenchor. Es ist emporenartig um ein Joch ins Mittelschiff vorgezogen und trägt in Flucht der Westbau-Ostwand eine Doppelbogenbrücke auf Mittelsäule mit reichem Palmettenkapitell.

 

Westlich der Kirche lag der Kreuzgang des Stifts mit den Klausurgebäuden.

Sein zweigeschossiger Ostflügel schloss an die Westwand an. Heute markieren die erneuerten Schildbögen seines Gewölbes die Bauformen. Wegen des Kreuzgangs hatte die Kirche keine Fassade. Nach dem

Abbruch im 19. Jahrhundert ergab sich eine asymmetrische, eher ungeformte Westseite mit schräg ansteigenden Seiten.

Nur der Turmaufsatz ist mit flachen Spitzbogenblenden, Lisenen und Rundbogenfriesen samt Zwillingsschallfenstern aufwendiger gegliedert. Anstelle der heutigen barocken Haube von 1680 deckte ursprünglich ein Zeltdach den Turm.

Der Typ der Emporenkirche ist in Deutschland seit der ottonischen Klosterkirche in Gernrode bekannt.

Er setzte sich in Köln für die städtischen Pfarrkirchen durch: St.Peter (Mitte des 12.Jahrhunderts), St.Johann Baptist (um 1200), St.Maria Lyskirchen (um 1220/30), St. Kolumba (1457-63/ um 1500).

 

1. Viertel des 13. Jahrhunderts

Der Turm über dem Westbau wird vollendet. Das nördliche Seitenschiff erhält Fächerfenster.

 

Letztes Viertel des 13.Jahrhunderts

Neubau des Chores: gegenüber dem Langhaus erhöhter, einschiffiger Langchor von drei Jochen mit polygonalem 5/8-Schluss. Schlanke Dienstbündel mit Laubwerkkapitellen tragen Kreuzrippengewölbe.

Mehrbahnige Maßwerkfenster nehmen oberhalb der Sockelzone die Wandabschnitte zwischen den Diensten vollständig ein. Unter den Sohlbänken der 11(!) Fenster befinden sich rechteckige Depositorien für Reliquien.

Am Außenbau bildet eine Folge abgetreppter Strebepfeiler das Gerüst des Chores. Sie sind in Höhe der Fenstersohlbänke durchbrochen,so dass ein äußerer Umgang entsteht.

Vor 1300

Anbau eines zweiten Seitenschiffs an der Südseite der Kirche (sog. Marienkapelle). Große rundbogige Öffnungen verbinden das neue, aus fünf kreuzrippengewölbten Jochen bestehende gotische Seitenschiff mit dem romanischen. Über hohem glattem Sockel setzen außen zwischen den Fenstern flache Strebepfeiler an. Die Spitzbogenfenster waren ursprünglich steiler als die jetzigen aus dem 15. Jahrhundert stammenden Fenster. Ein frühgotisches Portal mit einfachem Maßwerk im Bogenfeld bildet einen eigenen Zugang zum Seitenschiff.

 

Anfang des 14.Jahrhunderts

Erhöhung des Obergadens im Langhaus und Einwölbung des Mittelschiffs. Sechs Kreuzrippengewölbe setzen über Pilastern auf Konsolen mit Blattwerk, Masken und Figuren an.

 

1434/35

Nach einem Sturmschaden erhält der Turm einen Knickhelm.

2. Hälfte des 15. Jahrhunderts

Umbau und Neuausstattung der Marienkapelle im Südschiff durch Stiftung des Kölner Ratsherren und Bürgermeisters Johann von Hirtz. Verbindung beider Südschiffe durch Öffnen der Seitenschiffswand; Erneuerung von Gewölben und Fenstern.

Ausstattung mit Tafelbildern eines Marienzyklus (Triptychon ?) vom Meister des Marienlebens, um 1465

(heute München, Alte Pinakothek).

17.Jahrhundert

Umbauten vor allem der Südseite und der östlichen Querarme geben dem Kölner Patriziat Gelegenheit zu reichen Stiftungen:

 

1643-1664

Einrichtung der Goldenen Kammer an der Südseite des Westbaus durch Stiftung des kaiserlichen Reichshofrates Johann von Crane. Die Kammer folgt in Anlage und Ausstattung einer in Köln seit dem Mittelalter gängigen Praxis der Aufbewahrung und Präsentation kirchlicher Heiltümer und Reliquien und ersetzt eine kleinere mittelalterliche „camera aurea“ (Schatz- und Reliquienkammer) in diesem Bereich. Mit dem Reliquienkult ging ein ausgeprägtes Pilger- und Wallfahrtswesen einher.

Der Besitz bedeutender Heiltümer war hier wie anderswo lebenswichtige Einnahme vieler religiöser Gemeinschaften.

Abbruch der Emporen in den Querarmen. Diese erhalten Sterngewölbe und öffnen sich nun in großen Bögen zum Mittelschiff. Die Frontseite des südlichen Querarms erhält ein großes Spitzbogenfenster mit gefächerten Maßwerkfiguren.

Quadratische Kapellenanbauten treten an die Stelle der mittelalterlichen Nebenapsiden. Die nördliche, 1642 errichtete Nikolauskapelle mit einem - heute verlorenen - Sterngewölbe war ebenfalls eine Stiftung des Johann von Crane, die südliche Johann-Baptist-Kapelle stiftete Nikolaus de Groote 1657.

Beide Kapellen wurden nach 1949 wieder durch romanisierende Apsiden ersetzt.

 

Die Lücke zwischen südlichem Querarm und Marienkapelle wird geschlossen. Die Anbauten der Südseite werden samt der westlich anschließenden, neu errichteten Goldenen Kammer unter einem hohen Satteldach zusammengefasst.

Einwölbung der südlichen Langhaus-Empore. Abbruch des mittelalterlichen Lettners. Im Chor neue, hellverglaste Maßwerfenster; Reliquienkästen mit barocken Rahmen zwischen den Dienstbündeln.

1640 wird ein neuer Hochaltar nach Entwurf von Jeremias Geisselbrunn errichtet. Der gotische Reliquienaltar bleibt unter dem barocken Aufbau erhalten.

Abbruch der Stiftsgebäude um die Jahrhundertmitte.

1680 erhält der Turm nach Blitzschlag eine barocke Haube mit Bügelkrone über der Laterne.

1767

Dem barocken Streben nach einem einheitlichen Raumeindruck entsprechend, werden die Seitenschiffemporen zum Mittelschiff hin vermauert. Im Chor gewinnt man durch die Schließung der Polygonfenster eine einheitliche Wandfläche für Freskenmalereien. Unterhalb der Fenster werden neue Reliquienschränke angebracht.

 

1802

Aufhebung des Damenstifts.

1804

St.Ursula wird Pfarrkirche der zugehörigen Pfarre St.Maria Ablaß; deren Pfarrkirche wird mit Ausnahme einer Kapelle abgerissen.

19. Jahrhundert

Seit Beginn des Jahrhunderts ist der bauliche Zustand der Kirche bedenklich und erfordert eine gründliche Wiederherstellung, die in mehreren Etappen vor allem in der zweiten Jahrhunderthälfte erfolgt:

1873-1889

umfassende, teilweise den romanischen Zustand rekonstruierende Restaurierung mit weitgehender Erneuerung des Außenbaus: u.a. Verkleidung der nun freistehenden Westseite durch Blendbögen über Pilastern in Erinnerung an den dort ehemals angebauten Kreuzgangflügel; darüber Gliederung aus Lisenen und Rundbogenfriesen. Erhöhung des Chordachs gegenüber dem Langhaus.

Im Kircheninneren werden die Öffnung der Drillingsarkaden der Emporen wiederhergestellt, die Nordempore eingewölbt und der Chor erneuert.

1888-1889

Wiederherstellung des gotischen Reliquienaltars.

1890-1891

Instandsetzung des Turms.

1895-1899

Ausmalung des Innenraumes durch J. Osten.

 

1930

Ausmalung der Kirche durch H. Dieckmann. Helle Raumfassung mit sparsamem geometrischem Dekor.

1942-1945

Zerstörungen während des zweiten Weltkriegs, erhebliche Schäden an Dächern, Gewölben, Turm, Teilen des Südseitenschiffs und des Chores.

1949-1972

Wiederaufbau unter der Leitung von Karl Band:

Wiederherstellung der Westfassade in vereinfachter Form, Rekonstruktion der halbrunden Apsiden an den Querarmen und der barocken Haube des Westturms.

Wiederaufbau der Marienkapelle; die beiden östlichen Joche werden als Sakristei abgetrennt.

Innen Rekonstruktion des romanischen Wandaufrisses. Das Mittelschiff erhält eine flachbogige Kassettendecke, die Querarme flache Holzdecken.

 

1974

Einrichtung einer Schatzkammer im Nordflügel des Westbaus.

1999 bis 2004

Restaurierung mit dem Ziel, das Marienschiff in voller Länge wieder zu öffnen und mit dem übrigen Kirchenraum zu verbinden. Rückführung der Ursulafigur in die dortige Trias mit Christus Salvator und Maria. Neue Farbfassung in Langhaus und Chor.

Führungen nur nach Absprache mit dem Pfarramt

 

Ursulaplatz 30

50668 Köln

Tel.: (0)221 - 788075-0

 

https://www.katholisch-in-koeln.de/ueber-uns/st-ursula/

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